Die Neue Sachlichkeit war eine Kunstrichtung der 1920er-Jahre in Deutschland, die vor allem in Malerei, Grafik und Literatur Ausdruck fand. Sie entstand nach dem Ersten Weltkrieg als Reaktion auf den Expressionismus und zeichnete sich durch einen nüchternen, realistischen und oft kritischen Blick auf die Gesellschaft aus.
Entstehung und historischer Hintergrund
Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war geprägt von politischen Umbrüchen, wirtschaftlichen Krisen und sozialer Not. Die Euphorie des Expressionismus wirkte für viele Künstler nach den Schrecken des Krieges unangebracht. Stattdessen wandten sie sich einer sachlichen, oft schonungslosen Darstellung der Realität zu.
Der Kunsthistoriker Gustav Friedrich Hartlaub prägte den Begriff „Neue Sachlichkeit“ 1925 mit der von ihm organisierten Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim: „Die neue Sachlichkeit: Deutsche Malerei seit dem Expressionismus.“
Merkmale der Neuen Sachlichkeit
- Nüchterner Realismus: Die Maler stellten Menschen und Dinge präzise, klar und distanziert dar, ohne romantische Verklärung.
- Gesellschaftskritik: Viele Werke zeigen die sozialen Missstände der Weimarer Republik, politische Korruption, Elend und die Dekadenz der Großstadt.
- Kühle Emotionalität: Im Gegensatz zum expressiven Ausdruck wirkt die Neue Sachlichkeit oft kühl, fast emotionslos und dokumentarisch.
- Porträts und Alltagsdarstellungen: Häufig wurden Porträts, Straßenszenen und Interieurs gemalt, die die Lebensbedingungen der Zeit zeigen.
Wichtige Vertreter
Die Künstler der Neuen Sachlichkeit lassen sich grob in zwei Strömungen einteilen:
- Veristische Neue Sachlichkeit: kritisch, scharf, grotesk.
Zu den wichtigsten Vertretern zählen:- George Grosz
- Otto Dix
- Rudolf Schlichter
Sie zeigten oft schockierende Szenen von Krieg, Armut, Ausbeutung und moralischem Verfall.
- Klassische Neue Sachlichkeit (Magischer Realismus): neutraler, sachlicher, fast poetisch.
Dazu gehören:- Christian Schad
- Alexander Kanoldt
- Georg Schrimpf
Sie malten mit glatter Technik stille Porträts und Räume, oft mit einer geheimnisvollen Atmosphäre.
Bedeutung und Nachwirkung
Die Neue Sachlichkeit war nicht nur eine künstlerische, sondern auch eine gesellschaftliche Bewegung: Sie hielt der Gesellschaft einen Spiegel vor. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde die Richtung als „entartet“ diffamiert, viele Künstler mussten emigrieren oder durften nicht mehr ausstellen.
Heute gilt die Neue Sachlichkeit als eine der prägendsten Kunstrichtungen der Weimarer Republik. Ihre Werke sind wichtige Zeugnisse einer krisengeschüttelten Epoche und beeindrucken durch ihre schonungslose Ehrlichkeit.
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